Ein Moment im Meeting, jemand kritisiert uns und plötzlich ist der Kopf leer. Kein Gedanke, kein Argument, keine Reaktion. Einfach Stille. Nicht weil wir nichts zu sagen hättest, sondern weil unser Nervensystem gerade die Kontrolle übernommen hat.
Was hier greift, ist ein uraltes Notfallprogramm: Fight, Flight oder Freeze. Kämpfen, Fliehen oder Erstarren. Ursprünglich vom Physiologen Walter Cannon in den 1920ern beschrieben, wurde dieses Modell durch moderne Traumaforschung weiterentwickelt. Und es erklärt, warum wir in stressigen Momenten manchmal völlig anders reagieren, als wir es eigentlich könnten oder wollten.
Unsere moderne Arbeitswelt ist voll von Situationen, die unser Nervensystem als bedrohlich einstuft: Druck, Unsicherheit, Konflikte, Veränderung. Obwohl wir rein rational wissen, dass niemand mit der Keule vor uns steht, reagieren unsere Körper oft, als wäre genau das der Fall.
Das zeigt sich dann zum Beispiel so:
- FIGHT: Wir gehen in Konfrontation, rechtfertigen uns, wollen gewinnen.
- FLIGHT: Wir wechseln das Thema, ziehen uns zurück, vermeiden den Konflikt.
- FREEZE: Wir erstarren, schweigen, fühlen uns blockiert.
Und genau hier liegt ein wichtiger Punkt für Führung und Zusammenarbeit: Diese Reaktionen sind keine Schwäche. Sie sind Schutzmechanismen. Automatisch, menschlich, und zutiefst sinnvoll.
Wenn wir diese Muster kennen und erkennen, können wir Situationen anders deuten. Statt vorschnell zu urteilen („Der zieht sich wieder raus“ oder „Die blockiert alles“), können wir innehalten und uns fragen: Was passiert hier gerade wirklich? Und was braucht es jetzt?
Das bedeutet nicht, alles zu entschuldigen oder unangenehme Gespräche zu meiden. Im Gegenteil. Es geht darum, bewusster zu führen. Die eigene Nervensystem-Kompetenz zu stärken und auch andere dabei zu unterstützen.
Ein paar einfache, aber wirkungsvolle Schritte:
- Erkenne deine eigenen Stressmuster. Wie reagierst du unter Druck?
- Atme durch. Wirklich. Langsam ausatmen beruhigt dein System.
- Mach eine Pause, bevor du reagierst. Oft liegt die wahre Stärke im Nicht-Tun.
- Frag dich: Was ist hier gerade wichtig? Was braucht die Situation wirklich?
Wer so führt, schafft nicht nur Sicherheit für andere. Sondern auch für sich selbst.